FESTIVAL FÜR REGIONALE IMPULSE

FESTIVAL FÜR REGIONALE IMPULSE

18. BIS 20. AUGUST 2022

ROSTFEST-Archiv

Programm und Fotos

ROSTFEST – Ein postindustrielles Festival für regionale Impulse

Entstehungsgeschichte und Positionierung
Das ROSTFEST fand erstmals im Jahr 2012 statt. Ein Beweggrund in Eisenerz zu diesem Zeitpunkt ein Festival zu veranstalten war unter anderem, dass Kulturschaffende, welche vorwiegend im öffentlichen Raum der Stadt Graz tätig waren, mit einem zunehmend schwierigeren Umfeld konfrontiert waren: Nach den dynamischen, kosmopolitisch geprägten Jahren in Folge des Kulturhauptstadtjahres kam es ab 2009 zu einer zunehmenden Regulierung des öffentlichen Raums bei einer gleichzeitigen Zunahme von Veranstaltungen mit professionellen Eventcharakter. Aufgrund dieser Einengungen richtete sich der Blick in den ländlichen Raum, wo neue Möglichkeitsräume für kreative Menschen mit Lust am Experiment und neuen Erfahrungen sichtbar wurden. In diesen Jahren wurde viel Aufmerksamkeit auf das Nachfolgeformat der steirischen Landesausstellungen gerichtet. Dabei zeigte sich, dass zeitgenössische Kultur im ländlichen Raum möglich ist. Es wurde jedoch auch ersichtlich, dass die Auseinandersetzung im Spannungsfeld zwischen traditionell geprägten Wertstrukturen und progressiven Formaten eine Kontinuität bzw. Verwurzelung benötigt, damit die transformativen Kräfte von Kunst und Kultur wirksam werden. Kulturarbeit im ländlichen Raum darf somit kein Strohfeuer sein, sondern bedarf Auseinandersetzungen, die auf Wiederholung passieren.

Hintergrund: Die Stadt Eisenerz und die Region rund dem den Erzberg
Die Stadt Eisenerz, als Rückgrat der Industrialisierung ehemals als „Brotlaib“ der Steiermark bezeichnet, ist in den letzten 50 Jahren mit einem Rückgang von rd. 13.000 auf rd. 4.200 EinwohnerInnen auf ein Drittel der ursprünglichen Bevölkerung „geschrumpft“. Im Jahr 2004 stand mit rd. 700 Leerständen fast ein Drittel aller Wohnungen leer. Inspiriert vom „Stadtumbau Ost“ und in Kooperation mit dem Programm „Shrinking Cities“ der bundesdeutschen Kulturstiftung startete vor über 10 Jahren der Prozess „re-design Eisenerz“: Ein auf 15 Jahre ausgelegter umfassender kommunaler Veränderungsprozess. Wesentliche Pfeiler der Vorgehensweise waren die politische Akzeptanz der demographischen Veränderung, die Aufwertung des historischen Ortszentrums mit Umzügen in zentrumsnahe sanierte Wohnungen und die zielgerichtete Vernetzung von Aktivitäten und Projektvorhaben. Im Jahr 2009 wurde im Rahmen des Projekts ein Kulturentwicklungskonzept erarbeitet. Ziel dieses Konzeptes war es, den Veränderungsprozess um den wichtigen Bereich der Kulturarbeit zu ergänzen, lokale AkteurInnen zu stärken und mit Kunstschaffenden überregional zu vernetzen. Daraus entwickelte sich 2010 das Programm „eisenerZ*ART“.

Durch die stete Arbeit in Eisenerz und Mitinnitierung von „re-design Eisenerz“ durch Teile des Gründungsteams vom ROSTFEST waren grundlegende Rahmenbedingungen für die Schaffung eines postindustriellen Festivals gegeben. Im Jahr 2012 wurde in Kooperation mit „eisenerZ*ART“ das ROSTFEST als eigenständiges Format gestartet. Das ROSTFEST basiert auf der Annahme, dass leerstehende Gebäude eine (wachsende) Ressource darstellen und Eisenerz Pionier in der Aushandlung einer Postwachstumgsgesellschaft sein kann: Europa ist seit 2008 mit einer umfassenden Krise konfrontiert und in Österreich sind die Arbeitslosenzahlen aktuell auf einem für die zweite Republik historischem Niveau. Diese Umstände wurden in der Region rund um den Erzberg bereits vor 20 Jahren zur Wirklichkeit. Nach einer langen Phase der Realitätsverweigerung hat in der Eisenstraße in den letzten Jahren ein Prozess der Akzeptanz und des Umdenkens eingesetzt. Neue Strategien werden erprobt und kulturelles sowie soziales Kapital als wesentliche Faktoren einer Veränderung angesehen. Mit dem ROSTFEST wurde dafür ein experimenteller Rahmen geschaffen.

ROSTFEST 2012 – 2016
Das Format des ROSTFESTs zeichnet sich durch die einzigartige Mischung von Kunst, Musik, Sport und Action, Inhalte für alle Generationen sowie Diskurse zu unterschiedlichen relevanten Themen bei freiem Eintritt aus. Als verbindende Klammer stand immer Kunst und Kultur im Mittelpunkt des Formats. So werden unterschiedlichste Genres programmiert und Beziehungen dazwischen hergestellt. Heavy Metal trifft auf Volkskultur, Bildende Kunst auf perfomative arts, StraßenkünstlerInnen arbeiten mit etablierten Kulturschaffenden und lokales Handwerk wird in unterschiedliche Methoden künstlerischen Schaffens integriert. So konnten neuartige Inhalte entstehen, die unterschiedliche Menschen und Bevölkerungsgruppen ansprechen und zum Reflektieren motivieren. KünstlerInnen(kollektive) arbeiteten in und rund um leerstehende Gebäude, beleben Plätze, zeigen auf, provozieren, denken über Vergangenes nach, behandeln die Zukunft, verändern Perspektiven und Fragen nach Handlungsstrategien. Performances schaffen Spielräume, die zum Nachdenken anregen, neue Perspektiven aufzeigen oder einfach zum Mitmachen inspirieren. Im Jahr 2016 fanden an drei Tagen über hundert Programmpunkte an unterschiedlichen Locations statt und das Festival wurde von rund 10.000 Menschen besucht. Dabei wurde ca. 8.500m2 leerstehende Fläche zwischengenutzt und einer breiten Öffentlichkeit als Rahmen eines relativ einzigartigen Formats zugänglich gemacht. Im Jahr 2013 wurde das ROSTFEST mit dem LEADER Innovationspreis für Österreich ausgezeichnet.

Generell findet sich das ROSTFEST immer wieder im Spannungsfeld zwischen Kulturarbeit und regionalentwicklerischer Tätigkeit. Dies kann immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Zuordnung auf Grundlage eines Denkens in Ressortzugehörigkeiten führen. Wie jedoch in zahlreichen Studien dargestellt und unter anderem in die Lokale Entwicklungsstrategie der Steirischen Eisenstraße aufgenommen, glauben wir an die Stärke von Kunst und Kultur als Motor und „Reibebaum“ gesellschaftlicher Veränderungsprozesse.

Reflexion und „Lessons Learned“
In einem Beitrag zur gesellschaftlichen Vielfalt erörtert Luis Fidlschuster die Bedeutung von „Diversität“ für die Entwicklung des ländlichen Raums. Ausgehend von dem Befund, dass die Bindung der Menschen an ländliche Regionen auch davon abhängt, inwieweit es gelingt, verschiedene Bevölkerungs- und Altersgruppen zu integrieren und sozialen Ausschluss zu verhindern, fordert er, dass es „soziale Spielräume“ braucht, in denen BürgerInnen ihre Talente und Interessen entfalten und in die Entwicklung einbringen können. Solche Spielräume entstehen durch die Wertschätzung, Förderung und Nutzung der Vielfalt in einer Region. In diesem Kontext warnt Fidlschuster von einer Überbetonung der regionalen Identität, die (zu) stark auf Traditionen und regionalen Besonderheiten basiert und regionsunabhängige, zeitgenössische (globale) Werte sowie in Regionalentwicklungsprojekten unterrepräsentierte Gruppen (Jugendliche, MigrantInnen etc.) weitgehend ausblendet.

Wesentlich erscheint uns dabei: Statt einer Selbstgefälligkeit ist für die Entwicklung des ländlichen Raums ein Selbstbewusstsein und die Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem gefragt. Neben der Brauchtumspflege gilt es die Lust am Experiment zu entwickeln. Kunst darf in kommunalen oder regionalen Entwicklungsprozessen nicht zur Behübschung eingesetzt werden. Kunst kann auch verstören, Wunden aufreißen, Angst machen und kritisieren. Kunst kann aber auch verbinden, Sinn produzieren, glücklich machen und Ideen generieren. Wie Erfahrungen zeigen, besitzen Kunst und Kultur in Prozessen der Veränderung damit eine besondere Bedeutung. Dafür braucht es Mut und ein Bekenntnis zum Neuen seitens der politischen EntscheidungsträgerInnen in der Region. Die Bevölkerung muss direkt angesprochen und an der kulturellen Entwicklung beteiligt werden.

Kulturelle Entwicklung an der Schnittstelle zwischen künstlerischen Aktivitäten und sozialen Strukturen braucht es, wie erwähnt, im wesentlichen Kontinuität: Es ist wichtig das Vertrauen der Menschen zu gewinnen um wirksame Experimente zu ermöglichen. Dieses Vertrauen kann nur durch langjährige Arbeit vor Ort entstehen. Zahlreiche regionale Kulturinitiativen im ländlichen Raum Österreichs leisten dahingehend beispielhafte Arbeit. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Transformation und Umbrüche ist es wesentlich, diese Aktivitäten zu stärken. Das ROSTFEST selbst basiert auf umfassenden ehrenamtlichen Engagement. Auf Dauer war es aber nicht möglich so weiterzuarbeiten.

Gründe für die Pause im Jahr 2017
Nach langem Überlegen sowie Drehen und Wenden der Gegebenheiten haben wir schweren Herzens die Entscheidung getroffen, 2017 Jahr kein ROSTFEST zu veranstalten. Die ersten fünf Jahre ROSTFEST in Eisenerz waren großartig. Wir haben aber auch erkannt, dass wir dieses Festival nur dann erfolgreich weiterführen können, wenn wir unsere Organisationsstruktur und programmatische Ausrichtung dem Wachstumsprozess der letzten Jahre anpassen. Die Nutzbarmachung von Leerständen für Veranstaltungen, die Organisation eines Festivals in einer ganzen Stadt, der Wille unterschiedlichste Sparten und Kunstformen ins Festival zu integrieren, die Finanzierung eines Festivals mit dem Anspruch keinen Eintritt zu verlangen sowie positive Impulse für die Entwicklung der Region zu initiieren, hat uns in den letzten Jahren an die Grenzen des Machbaren geführt. Deswegen wollten wir nach fünf Jahren eine Pause einlegen und auf Grundlage der vielen positiven Erlebnisse, Erfahrungen und Rückmeldungen aber auch Herausforderungen, das ROSTFEST für die Zukunft auf „neue Beine“ stellen. In unserem Glauben an die besondere Bedeutung von Kunst und Kultur im ländlichen Raum und die großartige Gemeinschaft, die sich rund um das ROSTFEST gebildet hat, wollen wir mit Tatkraft vorwärtsgehen!

KONZEPT für das Jahr 2021
2021 – Schwerpunkt Neuer Zirkus:
In diesem Jahr empfängt Eisenerz in den Tagen des Rostfests nationale und, wenn es die Reisebestimmungen zulassen, internationale Gaukler und Zirkusartisten und verwandelt sich in einen Schauplatz des Staunens. Feuerspeier, Burlesque-Tänzerinnen , Akrobatik-Performer, Parkour-Spezialisten und viele weitere Artisten präsentieren spektakuläre Showeinlagen.
Jugendprogramm 2021 – Zirkusschule am Rostfest für Kinder und Jugendliche

Pressespiegel